===6.3 Konstruktivistisches Modell===
==7. Leistungserhebung und -bewertung==
===7.1 Begriffsbestimmungen===
* '''Leistung''' ist der Vollzug und das Ergebnis einer Tätigkeit, die mit Anstrengung verbunden, auf die Erlangung eines Ziels gerichtet und auf Gütemaßstäbe und Anforderungen bezogen ist. (Klafki, 1976)
* '''Psychologischer Leistungsbegriff''' (nach Heckhausen, 1974)
Bedingungen, die gegeben sein müssen, damit ein Handlungsergebnis als Leistung bezeichnet werden kann:
# objektivierbares Handlungsergebnis muss erzielt worden sein
# Handlungsergebnis muss mit einem Maßstab (selbst- oder fremdgesetzt) der Schwierigkeit gemessen und an ihm beurteilt werden können
# Handlung muss gelingen oder misslingen können
# Maßstab muss vom Handelnden als verbindlicher Gütemaßstab anerkannt werden
# Handlungsergebnis muss vom Handelnden selbst verursacht worden sein
* '''Gesellschaftlicher Leistungsbegriff'''
* o Produktorientierung: Orientierung nur an dem Ergebnis von Leistung,
z.B. Tests, Noten
* o Konkurrenzorientierung: in Konkurrenz treten zu Gleichaltrigen, z.B. Sichtschutz bei Proben, Vergleich der Eltern mit anderen Kindern, Lehrer verteilen Sterne
* o Ausleseorientierung: durch verschiedenen Schulformen nach der 4. Jgst.,
Übertritt anhand von Noten
''' '''
''' '''
* '''Pädagogischer Leistungsbegriff'''
Der pädagogische Leistungsbegriff orientiert sich am individuellen Lern- und Entwicklungsprozess der Schülerinnen und Schüler. Im Fokus der Leistung stehen der Lernfortschritt sowie der individuelle Lernerfolg von der persönlichen Ausgangssituation zum Lernergebnis.
Der Leistungsbegriff ist gekennzeichnet durch folgende Aspekte (nach Thorsten Bohl):
* - Leistung gründet auf einer vertrauensvollen und ermutigenden Beziehungsstruktur.
* - Leistung ist subjektbezogen und individuell, aber auch kooperativ.
* - Leistung ist vielfältig, sie ist produkt- und prozessorientiert.
* - Leistung verlangt Transparenz bezüglich ihrer Kriterien.
* - Leistung bedarf der Kommunikation und Reflexion.
* - Leistung unterliegt Fremd- und Selbstbeurteilung
*
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'''Gesellschaftlicher LB '''
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'''Pädagogischer LB '''
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'''Hauptfunktion und Ziel '''
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Selektion und Zuweisung zu bestimmten Bildungs-laufbahnen
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bestmögliche Förderung
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'''Maßstab '''
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soziale/ kriteriale Norm
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individuelle Norm
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'''Orientierung '''
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an Ergebnis + Produkt
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an Anstrengung + Prozess
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'''Interaktionsmodus '''
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konkurrenzorientierte Rivalität
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soziales Miteinander
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'''Reichweite der Beurteilung '''
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spezifische + isolierte Kenntnisse und Fähigkeiten
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ganzheitliche + übergreifende Würdigung der
Gesamtpersönlichkeit
|-
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'''Bewertungsinstanz '''
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ausschließlich Fremdeinschätzung
||
kombinierte Selbst- und Fremdeinschätzung
|}
(nach Jung, 2005)
* '''Leistungsmessung'''
Leistungsmessungsverfahren unterliegen testtheoretischen Gütekriterien einer Messung (Objektivität, Reliabilität und Validität). Dies betrifft standardisierte Testverfahren (z. B. VERA, PISA).
Leistungserhebungen, die regelmäßig im Unterricht durchgeführt werden (Leistungsnachweise), müssen diesen Anforderungen im wissenschaftlichen Sinne nicht entsprechen.
* o theoretisch fundiert
* o unterliegt den Kriterien der Objektivität (Personenobjektivität)
der Reliabilität (Zuverlässigkeit)
der Validität (Gültigkeit)
* '''Leistungsbewertung '''erfolgt anhand bestimmter Bezugsnormen:
''Soziale Bezugsnorm'' = Vergleich der individuellen Leistungen mit einer ausge- wählten sozialen Gruppe à Noten
- Bezugsgröße: Klassen, Jahrgangsstufe, Altersgruppe
- Schüler werden entsprechend ihrer Leistung in einer Rangfolge geordnet
''Kriteriale Bezugsnorm'' = Vergleich der individuellen Leistung mit einem sachli-
chen und inhaltlichen Anforderungskriterium
- Grundlage der Bewertung: (fachspezifische) Lernziele der Unterrichtsfächer
- Anwendung und Legitimation durch Schulgesetzgebung vorgegeben
''Individuelle Bezugsnorm ''= Vergleich der individuellen Leistung zu zwei verschiede-
'' ''nen Zeitpunkten
- Dokumentation des Lernfortschritts, der sich in der
Leistung zeigt
- Beurteilung meist mündlich oder durch Bericht
- v.a. geeignet: Portfolio, Lerntagebuch
Zum Nachweis des Leistungsstands erbringen die Schüler in angemessenen Zeitabständen entsprechend der Art des Faches schriftliche, mündliche und praktische Leistungen.
Weitere Formen der Leistungsbewertung beziehen sich auch auf mehrdimensionale Leistungen von Schülern, die über den fachlich-inhaltlichen Bereich hinausgehen und auch methodisch-strategische, sozial-kommunikative und persönliche Leistungen berücksichtigen. Es wird ein bestimmter Maßstab angelegt, in den die Leistungen eingeordnet werden. Dies mündet in eine verbale Beurteilung oder eine Ziffernnote.
Leistungsbewertung setzt die erreichten Kenntnisse, Einsichten, Fähigkeiten und Fertigkeiten in Beziehung zu den Anforderungen des LehrplanPLUS und deren Verwirklichung im Unterricht.
* '''Leistungsbeobachtung'''
Schüler zeigen in verschiedenen unterrichtlichen Situationen Leistungen und Kompetenzen, die in Bezug zu einer bestimmten Kompetenzerwartung stehen und im Sinne des pädagogischen Leistungsbegriffs von der Lehrkraft erfasst werden. Dies erfordert eine bewusste und systematische Wahrnehmung und Dokumentation aller Aspekte von Leistung im Unterricht.
* '''Leistungserhebung'''
Leistungserhebung fokussiert die Tätigkeit des Feststellens und Festhaltens der Leistungen von Schülern. Sie ist nicht automatisch mit dem Zweck der Benotung verbunden.
Die Begriffe Leistungserhebung, Leistungsermittlung und Leistungsfeststellung werden in der Literatur synonym verwendet.
* '''Leistungsdokumentation'''
Auf der Basis von systematischen Leistungsbeobachtungen entstehen regelmäßig datierte Leistungsdokumentationen. Diese dienen als Grundlage für die Bestimmung des Lernstands und unterstützen die individuelle Förderung der Schüler. Außerdem ist die Dokumentation unverzichtbar für die anschließende Leistungsbewertung.
* '''Lern- und Leistungssituation'''
Lernsituationen unterscheiden sich deutlich von Leistungssituationen. Während für gelingende Lernprozesse Fehler als Chance gesehen werden, versucht man in Leistungssituationen Fehler zu vermeiden. Entsprechend braucht kompetenzorientierter Unterricht sowohl Aufgaben für Lern- als auch Leistungssituationen.
===7.2 Begründung der Leistungsbeurteilung (Schröder)===
* Erfolgsbestätigung
* Abstimmung des Schwierigkeitsgrades
* Beratungsgrundlage
* Ermittlung des Lehrerfolgs im Unterricht
* Selbstkontrolle des Schülers
* Forschungsprojekte
===7.3 Notengebung===
'''Erwartete Funktionen der traditionellen Vergabe von Noten (Schröder)'''
* Motivierung
* Informierung
* Kontrolle
* Auslese
* Disziplinierung
'''Kritische Beurteilung der Zensurengebung'''
* Die Notengebung entspricht nicht den messtheoretischen Kriterien
* Ziffernnoten führen zu Chancenungerechtigkeit
* Ziffernnoten aus verschiedenen Klassen sind nicht vergleichbar
* Mangelnde Objektivität ; Scheinobjektivität
* Zensuren zeigen nicht den individuellen Lernerfolg des Kindes
* Zensuren bringen Kinder in eine Leistungsrangfolge und fördern damit das rivalisierende Lernen
* Ziffernnoten werden zur extrinsischen Motivation; Lerngegenstand nicht mehr im Vordergrund
* Noten erklären nicht das Zustandekommen der Leistung
* Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Lehrer und Schüler
* Noten fördern Konkurrenzkampf
''' '''
'''Fehlerquellen bei der Zensurengebung (Ingenkamp 1995)'''
* Soziale Vorurteile seitens der Lehrkraft fließt in Notengebung mit ein
* Haloffekt: ein bestimmtes Merkmal eines Schülers „strahlt“ auf die Bewertung der Leistung aus, obwohl dieses damit nichts zu tun hat (auch Hofeffekt)
* Milde-, Strengetendenz: Lehrer beurteilt entweder zu milde oder zu streng
* Zentraltendenz: Lehrer vermeidet extreme Positionen (keine guten und keine schlechten Noten)
* Rhythmischer Fehler: periodisches Absinken und Ansteigen der Bewertungen
* Kontrast-/Reihungsfehler: Leistung des zuvor beurteilten Schülers nimmt Einfluss auf die Beurteilung des folgenden Schülers (z.B. nach sehr gutem Aufsatz erscheint nachfolgender umso schlechter)
'''Vorteile'''
* Universelle Einsetzbarkeit
* Schnelle und einfache Erstellung
* Einfache Verrechnung
* Allgemeine Verständlichkeit
==1.3. Erweiterter Lern- und Leistungsbegriff==
Die dem LehrplanPLUS zugrunde liegende veränderte Lehr- und Lernkultur eröffnet eine neue Sichtweise auf die Leistungserhebung und Leistungsbewertung. Der individuelle Lernprozess der Schüler steht im Fokus und spiegelt sich wider in der gezielten Erhebung der Lernausgangslage, in der Planung und Dokumentation des Lern- und Entwicklungsprozesses sowie in dessen Durchführung und Reflexion. Dies wird durch Kommunikation und Transparenz verstärkt.
(Chise; Leschnikowski-Bordan; Schneider; Wickner: Leistung messen und bewerten. Donauwörth, 2013; S.9)
==1.4. Leistung im Lernprozess des kompetenzorientierten Unterrichts==
In der Handreichung des ISB finden Sie zahlreiche Methoden und Praxisbeispiele zum Feststellen des Lernstands und zur Leistungserhebung, Leistungsdokumentation und Leistungsbewertung.
https://www.isb.bayern.de/download/19759/hr_leistung__mittelschule_internet.pdf
==8. Medieneinsatz im Unterricht==